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Stockoptionen

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Wenn wir in Lohr sind, nehmen wir immer eine Spielzeugtasche mit. Aber eigentlich ist das gar nicht nötig. Denn es gibt ja die beiden Spazierstöcke. Nach Uromas Tod standen sie eine Weile unbeachtet im Schirmständer, doch seit Ruben sie für sich entdeckt hat, dienten sie unter anderem schon als Staubsauger, Fahnenstange und Cello.

Heute nutzen wir die Regenpause, um damit Hockey zu spielen. Die schmalen Griffe eignen sich zwar eher zum Golfspielen, aber mit der richtigen Einstellung und einem Tennisball geht alles. Johlend laufen wir über die Terrasse und treiben den Ball von einer Seite zur anderen. Nachdem ich meinen Sohn ein paar Mal wegen gefährlichen Stockeinsatzes ermahnt habe, beschließt Ruben: Wir sind jetzt Bauarbeiter!

Wir wollen ein Haus bauen, und die Stöcke sind nun zum Teeren da. Ich erkläre meinem Sohn, dass man das Fundament eines Hauses “gießt”. Ohne Umschweife steuert er auf die beiden Gießkannen zu, die in der Nähe herumstehen. Wir gießen Betonwasser von der großen in die kleine Kanne und von dort auf den Terrassenboden. Dann streichen wir mit unseren Bauarbeiterstöcken den Estrich glatt.

“Jetzt muss der Boden erst mal trocknen”, erkläre ich Ruben. “Wir können ja noch ein bisschen Hockey spielen”, schlage ich vor. Nein, die Bauarbeiter machen jetzt Pause, in dem kleinen Haus. Wir gehen zum Spielgerüst im hinteren Teil des Gartens und klettern die Leiter zur Rutsche hoch. Die Stöcke hängen wir ins Gerüst.

Oben in dem überdachten Turm machen die Bauarbeiter Pause. Ich koche meinem Sohn einen Kartoffelbrei mit Karotten und erläutere die einzelnen Arbeitsschritte der Essenszubereitung. Dann klettern wir wieder hinunter.

Jetzt sind wir Jäger! ruft Ruben. Ich schlage vor, die Gewehre (Hockeyschläger, Schaufeln…) fürs erste dazulassen und unbewaffnet auf Pirsch zu gehen. Wir öffnen das kleine Gatter Richtung Wald, und ich zeige meinem Sohn die winzige grüne Hütte, die sein Ururopa gebaut hat. Mangels Nutzung ist sie inzwischen völlig verrottet.

Wir drehen eine kleine Runde und laufen zuletzt am Grundstückszaun entlang. Hand in Hand stolpern wir durchs Geäst, zurück zum Gatter. Wir holen die Stöcke vom Gerüst und fegen damit die Rutsche, auf der sich Fichtennadeln gesammelt haben. Danach reinigen wir die Besen in der blauen Plastikmuschel, die eigentlich als Sandkastenabdeckung dient, jetzt aber mit Regenwasser vollgelaufen ist.

Vergnügt laufen wir zurück zum Haus und treffen dort auf Opa. Er kommt gerade vom Einkaufen und betrachtet erstaunt die Gießkannenchoreografie auf seiner Terrasse. Als er die Stöcke sieht, geht ein Lächeln über sein Gesicht. Er weiß sofort Bescheid.



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